Seit dem 1. Mai 2023 ist das Deutschland-Ticket als monatlich kündbares Abonnement erhältlich. Zum Preis von 49,00 EUR monatlich berechtigt es zu bundesweiten Fahrten im Nahverkehr. Die Nachfrage nach dem Deutschland-Ticket war von Anfang an jedoch so groß, dass sie seitens der Verkehrsunternehmen z.T. nur mit Anlaufschwierigkeiten bearbeitet werden konnte.
Unser aktueller Fall aus der Schlichtungsarbeit der Schlichtungsstelle Reise & Verkehr beleuchtet ein Problem, das bei der Buchung des Deutschland-Tickets besonders häufig aufgetreten ist.
Im April 2023 wollte eine Verbraucherin bei einem Verkehrsunternehmen ein Deutschland-Ticket kaufen. Sie versuchte mehrmals, das Abonnement online abzuschließen, erhielt allerdings immer wieder eine Fehlermeldung. Am 25. April 2023 kaufte sie daher schließlich das Deutschland-Ticket bei einem anderen Anbieter. Ende April 2023 teilte das erste Verkehrsunternehmen der Verbraucherin dann mit, dass sie mehrere Deutschland-Tickets gekauft habe. Das Verkehrsunternehmen listete sechs gebuchte Abonnements auf, die nach einem Datenabgleich automatisch rückwirkend zum 30. April 2023 gekündigt wurden. Ein weiteres Abonnement war aus Sicht des Unternehmens jedoch im Mai 2023 gültig. Daher buchte das Verkehrsunternehmen im Mai 2023 49,00 Euro vom Konto der Verbraucherin ab, die den Betrag zurückbuchen ließ. Im Juli 2023 erhielt sie dann eine Zahlungserinnerung für ein Deutschland-Ticket für Mai 2023. Die Verbraucherin beglich zunächst die Forderung, stellte dann aber einen Schlichtungsantrag bei der Schlichtungsstelle Reise & Verkehr und verlangte die Erstattung des Betrages.
Die Prüfung durch die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr ergab, dass rechtliche Gesichtspunkte durchaus für ein Entgegenkommen des Verkehrsunternehmens gegenüber der Verbraucherin sprechen. Denn im konkreten Fall erscheint bereits ein Vertragsschlussfraglich, da dieser durch Angebot und Annahme zustande kommt. Die Möglichkeit, ein Deutschland-Ticket online beim Verkehrsunternehmen zu kaufen, scheint lediglich eine Aufforderung zur Abgabe eines entsprechenden Kaufangebots zu sein; dafür spricht, dass sich das Verkehrsunternehmen offenbar eine Bonitätsprüfung vorbehält.
Das Angebot selbst dürfte also erst mit der Bestellung des Deutschland-Tickets durch die Verbraucherin abgegeben worden sein. Die Verbraucherin ist aber nicht an ihre Bestellung gebunden, wenn das Angebot vom Verkehrsunternehmen abgelehnt oder nicht rechtzeitig angenommen wird. Die Fehlermeldung wurde von der Verbraucherin als einseitiger Abbruch des Bestellvorgangs durch das Verkehrsunternehmen wahrgenommen – also eine Ablehnung des Angebots.
Selbst wenn man in der Fehlermeldung keine Ablehnung sehen wollte, war das Angebot zu einem Zeitpunkt angenommen worden, zu dem die Verbraucherin nicht mehr mit einer Antwort rechnen musste. Nach Kenntnisstand der SRUV erhalten Kund:innen des Verkehrsunternehmens bei der Bestellung von Abonnements in der Regel noch am selben Tag eine Buchungsbestätigung. Diese erfolgte hier jedoch erst Tage nach der Bestellung. Nach Kenntnis der Schlichtungsstelle sind im Zusammenhang mit der Einführung des Deutschland-Tickets in einigen Fällen vergleichbare Probleme aufgetreten. Insofern war der Fehler dem Verkehrsunternehmen wahrscheinlich bekannt.
Die Zahlung der Verbraucherin an das Verkehrsunternehmen dürfte ohne vertragliche Grundlage erfolgt sein. Die Schlichtungsstelle Reise & Vekehr schlug daher zur Beilegung der Streitigkeit vor, dass das Verkehrsunternehmen der Verbraucherin den gesamten Betrag (53,16 EUR) erstattet. Sowohl das Verkehrsunternehmen als auch die Verbraucherin erklärten sich mit diesem Vorschlag einverstanden.
Geschäftsführerin:
Dr. Sabine Cofalla
Leiter der Schlichtungsstelle:
Dr. Christof Berlin
Amtsgericht Charlottenburg VR29041B
Fasanenstraße 81
10623 Berlin
Tel +49 30 6 44 99 33 – 0