Bahn: Ihre Rechte bei Zug-Ausfall oder Verspätung

Ist Ihr Zug ausgefallen oder waren Sie auf Ihrer Zugfahrt von einer Verspätung betroffen? Dann können umfassende Rechte nach der europäischen Fahrgastrechte-Verordnung und der Eisenbahnverkehrs-Verordnung in Betracht kommen.

Pauschale Entschädigungszahlung

Reisende können eine Entschädigung verlangen, wenn sie bei Ankunft am Zielbahnhof eine Verspätung von mindestens 60 Minuten haben. Die Höhe der Entschädigung hängt vom Ticketpreis und der Verspätungszeit ab:

  • 25 % des Ticketpreises bei einer Verspätung von 60 bis 119 Minuten,
  • 50 % des Ticketpreises ab einer Verspätung von 120 Minuten.

Wurde der Beförderungsvertrag für eine Hin- und Rückfahrt abgeschlossen, wird die Entschädigung für die auf der Hin- oder Rückfahrt aufgetretene Verspätung auf der Grundlage des halben Ticketpreises berechnet.

Besonderheiten für Zeitkarteninhaber

Bei einer Verspätung ab 60 Minuten erhalten Zeitkarteninhaber folgende pauschale Entschädigungen:

Zeitkarte1. Klasse2. Klasse
für den Fernverkehr7,50 EUR5,00 EUR
BahnCard 10015,00 EUR10,00 EUR
für den Nahverkehr2,25 EUR1,50 EUR

Wenn Inhaber einer Zeitkarte wiederholt von Verspätungen von mindestens 20 Minuten während der Geltungsdauer der Zeitkarte betroffen sind, können sie diese Fälle sammeln und zur Entschädigung einreichen. In diesen Fällen wird für jeweils volle 60 Minuten Verspätung eine Entschädigung nach den o.g. Pauschalen gezahlt.

Zu beachten ist, dass die Fahrgastrechte-Verordnung eine Bagatellgrenze von 4,00 EUR vorsieht. Dementsprechend erhalten Fahrgäste mit einer Zeitkarte für den Nahverkehr lediglich eine Verspätungsentschädigung, wenn sie während der zeitlichen Gültigkeit ihres Tickets von mehreren Verspätungen betroffen waren. Bei einer Zeitkarte im Nahverkehr für die 2. Klasse sind daher zum Beispiel drei Verspätungen über 60 Minuten während der Geltungsdauer erforderlich (3 x 1,50 EUR = 4,50 EUR).

Haftungsausschluss

Das Eisenbahnunternehmen ist allerdings nicht zur Zahlung einer Verspätungsentschädigung verpflichtet, wenn es sich auf einen Haftungsausschluss berufen kann. Ein Haftungsausschluss kann u.a. vorliegen, wenn die Verspätung des Zugs auf extremes Wetter, behördliche Anweisungen oder auf das Verhalten eines Dritten zurückzuführen ist. Ein Streik des Personals des Eisenbahnunternehmens fällt jedoch ausdrücklich nicht hierunter.

Schlichtungsantrag stellen

Hier können Sie Ihren Schlichtungsantrag bequem online einreichen – neben Bahnreisen auch für Fernbus, Flug, ÖPNV, Pauschal- oder Schiffsreisen.

Ticketerstattung oder Alternativbeförderung

Ist eine Ankunftsverspätung von mehr als 60 Minuten am Zielort des Beförderungsvertrages absehbar, haben Reisende die Wahl zwischen einer Erstattung des vollen Ticketpreises oder einer kostenlosen Ersatzbeförderung.

Ergibt sich die Verspätung während der Fahrt, dürfen Reisende die Fahrt abbrechen und bei nächster Gelegenheit kostenfrei zum Ausgangsort zurückfahren. Auch bei Fahrtabbruch wird der volle Fahrpreis erstattet. Reisende können in diesem Fall aber nicht zusätzlich eine Entschädigung für die Verspätung beanspruchen.

Die Ersatzbeförderung kann unter bestimmten Voraussetzungen auch mit anderen Verkehrsunternehmen erfolgen. Wenn Fahrgäste von ihrem Eisenbahnunternehmen binnen 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrtszeit kein Angebot für eine Ersatzbeförderung erhalten, dann können sie sich ein Ticket für eine Ersatzbeförderung mit einem anderen Bahn- oder Busunternehmen kaufen und sich die dafür zwingend notwendigen Kosten anschließend von ihrem Eisenbahnunternehmen erstatten lassen. Die Nutzung eines Taxis ist grundsätzlich nicht vorgesehen und sollte ggf. vorab mit dem Eisenbahnunternehmen geklärt werden.

Besonderheiten zur Nachtzeit und im Nahverkehr

Nachts gelten geringere Voraussetzungen für die Ersatzbeförderung: Ist zwischen 00:00 und 05:00 Uhr eine verspätete Ankunft am vertragsgemäßen Zielort von mindestens 60 Minuten zu erwarten oder fällt der fahrplanmäßig letzte Zug des Tages aus, so dass der Zielort nicht mehr bis 24:00 Uhr erreicht werden kann, dürfen Reisende ein alternatives Verkehrsmittel nutzen (z.B. Bus, Taxi) und erhalten dafür entstehende Kosten bis maximal 120,00 EUR vom Eisenbahnunternehmen erstattet.

Im Nahverkehr können Fahrgäste auch schon bei geringeren Verspätungen eine Ersatzbeförderung wählen: Beträgt die voraussichtliche Verspätung am Zielort mindestens 20 Minuten, so können Fahrgäste einen anderen, auch höherwertigen Zug nutzen und erhalten die Kosten dafür vom Eisenbahnunternehmen erstattet. Von dieser Regelung ausgenommen sind jedoch erheblich ermäßigte Zeitkarten, beispielsweise Tagestickets für einzelne Bundesländer sowie das Deutschland-Ticket.

Hilfeleistungen

Bei einer Verspätung des Verkehrsdienstes von 60 Minuten müssen Eisenbahnunternehmen nach Möglichkeit Hilfeleistungen während der Wartezeit erbringen: Verpflegung (gilt nicht im Nahverkehr) sowie ggf. Übernachtungsmöglichkeiten einschließlich Transfer. 

Das Eisenbahnunternehmen schuldet die Hilfeleistungen auch, wenn es sich auf einen Haftungsausschluss berufen kann.

Mobilitätseinschränkung/Barrierefreiheit

Die Belange von Menschen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität verdienen besonderen Schutz. Aus der Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 ergibt sich, dass sie das gleiche Recht auf Freizügigkeit und Nichtdiskriminierung wie alle anderen Reisenden haben. Das erfordert Folgendes:

  • Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreibende müssen die Zugänglichkeit der Bahnhöfe, Bahnsteige, Fahrzeuge und anderer Einrichtungen für mobilitätseingeschränkte Personen gewährleisten.
  • Weiter müssen Bahnhofsbetreibende sicherstellen, dass mobilitätseingeschränkte Personen ein-, um- und aussteigen können und entsprechend eine kostenlose Hilfeleistung anbieten. Diese sollte mindestens 24 Stunden vorher angemeldet werden; aber auch ohne vorherige Anmeldung müssen Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreibende jedenfalls nach besten Kräften versuchen, die Hilfeleistungen zu erbringen.
  • Betroffene haben zudem einen Anspruch auf kostenfreie Mitnahme von Mobilitätshilfen sowie Assistenzhunden. Bei Verlust oder Beschädigung von angemeldeten Mobilitätshilfen machen sich die Eisenbahnunternehmen schadensersatzpflichtig.

Im Fall einer Benachteiligung können ggf. auch Schadensersatz- und/oder Entschädigungsansprüche nach dem BGB oder dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Betracht kommen.

Hinweis

Ob in Ihrem Fall tatsächlich ein Anspruch besteht, hängt vom konkreten Einzelfall ab. Die Darstellung der Rechte dient lediglich einem ersten Überblick und hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

 

Eine umfassende Darstellung der Fahrgastrechte für Bahnreisende bietet die Website der Europäischen Union.